Babica | Grandma

Auf den Spuren der Großmutter | On the trail of my grandmother


(2014 – 2016)


Oberflächen | Surfaces


Haut | Skin


Ort | Place


Objekte 1 | Objects 1


Objekte 2 | Objects 2




Book Babica

Bildband | Book

Hardcover | 120 pages | Size: 27,5 x 22,5 cm | Edition: 1.300 copies
Residenz Verlag, Austria, 2016 | ISBN: 978-3-7017-3387-3

Book design by Silvia Wahrstätter
Languages: German, Englisch, Slovenian
Texts by Margit Zuckriegl, Felicitas Thun-Hohenstein, Sabine Arend


Publication: Bilder einer Landschaft

AUF DER SUCHE NACH DEM VERBORGENEN
Margit Zuckriegl

Marko Lipuš und seine Herangehensweise an die künstlerische Fotografie

Eine Person verschwindet. Sie wird der Sichtbarkeit entzogen, hat kein Bild mehr von sich. Der Wiener Fotokünstler Marko Lipuš besitzt ein einziges Foto seiner Großmutter aus den 1930er Jahren. Auf diesem sitzt sie neben ihrem Ehemann Franz Lipuš auf einer Bank; ein junges Ehepaar blickt den unbekannten Fotografen an, ein stolzer, zuversichtlicher Ausdruck in ihren Mienen, Maria etwas lächelnd, mild, weich. Wenige Jahre später verschwindet diese Frau im Konzentrationslager Ravensbrück; es versiegt ihr Leben dort, bildlos, kommentarlos in der Finsternis einer brutalen Mordmaschinerie.

Das Foto aus den frühen Tagen ihrer Ehe konserviert das Bild einer Frau, deren Leben nur zaghaft zurückverfolgt werden kann. Ausgangspunkt für die Recherche ihres Enkels ist der dem martialischen Furor einer Vernichtungslogik geschuldete Feldpostbrief aus dem Lager an den Witwer, der lapidar ihren Tod mitteilt. Der Weg ins KZ, die zwei Jahre in den Baracken, die Frage des Grundes für ihre Deportation bleiben im Verborgenen. So wie das eine erhaltene Bild den kleinen Funken eines kurzen Lebens in sich birgt und vielleicht als vage Idee an die Nachkommen übermittelt, so vertraut der Enkel dem Bildmedium der Fotografie seine Suche nach dem Verborgenen an. Für ihn ist das Bild ein Speicher an Erinnerung, ein Konservierungsmittel von Ungesehenem und ein Instrument zur Schürfung in ungehobenen Sedimentschichtungen. Im Sinne einer dokumentarischen Bildsprache wären Fotografien Beweise von Wirklichkeit und Zeugnisse von realen Ereignissen. Lipuš erweitert allerdings die Möglichkeiten des fotografischen Bildes um eine zusätzliche, interpretierende Komponente; seine ikonische Rhetorik ist die von Rede und Widerrede, von Bild und Meta-Bild, von Ansicht und Einsicht. Aus diesem Grund schafft er nicht Fotografien, die Ansichtigkeit und Wirklichkeit im Bild vermitteln, sondern Bearbeitungen und Eingriffe, die das ursprüngliche Bild verändern und verstören. Marko Lipuš erachtet seine fotografischen Bilder als prima materia, von der ausgehend er sich die Motive durch eigenhändige Manipulation und direkte Eingriffe aneignet.

Die Narben der Bilder

Das Bild der Babica, der liebevoll slowenisch bezeichneten Großmutter, ist von zarter Intimität und gelassener Ruhe. Ein stilles Doppelporträt, wie unzählige Bildnisse versiegelt im Tresor der Zeitlichkeit und sakrosankt in der unerschütterlichen Dauer seiner Aussage. Anders die Fotos, die Marko Lipuš von seinen verschiedenen Reisen auf den Spuren seiner verlorenen Großmutter mitgebracht hat. Schon die Fotografien künden vom Vergehen einer Zeit, vom Bröckeln der Bauten, vom unseligen Wesen eines Ortes, den sich die Natur zurückholt, um die Schuld tilgen zu helfen. Dann verändert der Fotograf seine Bilder. Die ungezählten Dokumente der Ansichtigkeit des Ortes des Schreckens werden zu einigen, wenigen Bildern komprimiert. Sie künden von den Wegen, die die Todgeweihten gingen, von den Pflastersteinen, über die sie schritten, von den Wandflächen, die sie berührten, von den Öffnungen, die ihnen einen Blick nach draußen verhießen. Diese vergrößerten Ansichten holt sich der Künstler heran, sie sind nicht nur zum Betrachten und Nachsinnen, sondern sie sind zum Eindringen und Wegarbeiten. Die schönen, abstrakten Farbkompositionen von Wandstrukturen und Fliesenmustern, von monochromen Bodenflächen und graphischem Lineament werden aufgerissen und zugekratzt, ihnen werden Partikel herausseziert und Strichsetzungen eingeätzt. Marko Lipuš kann der vordergründigen Harmlosigkeit von Ruinenästhetik nur seine eigene heftige Aktivität entgegensetzen: Er überzieht die authentischen Zeugnisse der Un-Orte mit einem Netz von Wunden und Verletzungen, die Bilder bleiben zurück, mit Narben und Schrunden.

Die Haut des Vaters

Erinnerung und das Konservieren von Erinnertem liegen dem literarischen Werk von Florjan Lipuš zugrunde. Mittels der Figur des Zöglings Tjaž zeichnet er Spuren seiner eigenen Jugend und seine Ohnmachtsgefühle gegenüber den Autoritäten, sei es in Familie, Schule oder katholischer Kirche. Der Gewalt wird von dem jungen Internatsschüler ein ihm eigenes Mittel entgegengesetzt: das Kratzen. Zunächst ist es ein Akt der Verteidigung und der Auflehnung gegen Züchtigung, aber dann wird es zu einem Mittel der Aneignung: die Kratzspuren sind Kennzeichen. Das Einkerben von Zeichen, die das eigene Tun auf der Oberfläche von Gegenständen und Körpern hinterlässt, ist ein Modus der Identitätsstiftung. Auch wenn im Fall des jungen Tjaž damit Rebellion und Abwehr signalisiert werden, so unterwirft der Kratzer diese Objekte seiner direkten Bearbeitung, drückt ihnen durch die Verletzung das untrügliche Mal seines Eingriffs auf.

Marko Lipuš widmet sich im ersten Kapitel seiner Fotoarbeit „Babica“ einer ähnlich gelagerten Aneignungsstrategie. In großen Farbfototafeln zeigt er Hautpartien von den Armen, Händen, anderen Körperteilen seines Vaters. Florjan Lipuš, einer von zwei Söhnen von Maria Lipuš und bei deren Abtransport ins KZ gerade sechs Jahre alt, ist der Zeitzeuge und Bewahrer des Erbes seiner Mutter, das er wiederum an seinen Sohn weitergibt. Marko nun führt diese Verbindung fort, indem er die Hautoberfläche des Vaters antastet: Er überzieht die nahsichtigen Haut-Fotos mit einem Criss-cross aus Kratzungen und Ritzungen. Mit Schmirgelpapier wird das Geschlossene der Epidermis geöffnet, aufgeraut, verletzt, gestört. Poren, Härchen, Pigmentflecken, Rötungen werden zu einer bildlichen Gesamtheit amalgamiert; die oberste, äußerste, empfindlichste Schicht des Menschen wird verletzlich und wund gezeigt.

Orte jenseits der Wahrnehmung

Immer weiter nach innen, immer mehr ins Innere führen die Wege den Fotografen auf der Spur nach dem Verborgenen, auf der Suche nach Wegen, Relikten und Zeichen der Verschwundenen. Ein Kapitel seines vielteiligen Foto-Essays ist den Gegenständen gewidmet, die sich im Lager gefunden haben. Blechtassen, Bürsten und Kämme werden vom Fotografen aus ihrer Umgebung isoliert und wie Stillleben der Neuen Sachlichkeit präsentiert. Da auch sie die Spuren der Auslöschung in sich tragen, sind sie ebenso intime Träger von Nachrichten der Verschwundenen wie die Steinplatten, die noch den Hall ihrer Schritte in sich bergen. Marko Lipuš verlängert die nüchterne Präsenz der Objekte durch seine Weiter-Zeichnung ins Bedeutsame: Die Gegenstände vibrieren und changieren in ihrem So-Sein, sie sind banale Objekte und gleichzeitig mit Bezügen aufgeladene Reliquien. Die Orte, die Fundstätten haben sie verlassen, um in einem anderen Kontext von ihren damaligen Zuständen zu sprechen. Und das Territorium der Lageranlage wird zu einer Totalen, in der sich die Topographie des Todes unserer Wahrnehmung vollends entzieht. Die Mittel der Bildveränderung und Bildverfremdung sind – wie die Manipulationen und das kratzende Eingreifen – Synonyme für die Kennzeichnung des Bildes durch die Merkmale der eigenen Anwesenheit; erst dadurch, dass Marko Lipuš selbst auf die Lagerbauten und die sie umgebende Landschaft geblickt hat, konnte er sich der Sehstörung vergewissern, die sich einstellt, wenn etwas ansichtig wird, das der Sphäre des Unansichtigen angehört. Seine blendend weißen Ansichten sind Bilder, deren Motive wie weggetaucht sind. Kaum erkennbar ragen vage Silhouetten aus dem Nebel der Weißfärbung heraus, bilden sachte Zusammenhänge, visuelle Mutmaßungen, Nachbilder einer Netzhautüberreizung bis hin zur Blindheit. Das Verschwinden ist nicht nur ein Prozess des Verdunkelns, des Nicht-mehr-Sehens, sondern andererseits auch ein Phänomen des bloß nur noch Ahnens, der vagen Vermutung, der Bilderreste, die sich schemenhaft abzeichnen, während rundherum alles in gleißendes Gegenlicht getaucht zu sein scheint.

Mit der Oeuvregruppe „Babica“ hat sich Marko Lipuš im Gedenken an seine Großmutter auf die Suche nach dem Verborgenen im Bild begeben. Die Erzählung von ihrem Schicksal wird in einer komplexen Bildsprache vorgetragen, die einerseits – mit dem Mittel der von ihm schon länger angewandten Kratzungen – zu einer Entsprechung von Inhalt und Form gefunden hat und andererseits eine größtmögliche Distanz auslotet zwischen den wirklichkeitsabbildenden Fotografien und ihrem ikonischen Verweischarakter.

IN SEARCH OF HIDDEN THINGS
Margit Zuckriegl

Marko Lipuš and his approach to artistic photography

A person vanishes. She is robbed of her visibility, has no image of herself any longer. The Viennese photo artist Marko Lipuš owns a single photograph of his grandmother, dating from the 1930s. In it, she is seated on a bench next to her husband, Franz Lipuš; the young couple looks at the unknown photographer with a proud, confident expression; Maria faintly smiling, mild and soft. A few years later, this woman vanishes in the Ravensbrück concentration camp; her life ends there, without image, without comment in the darkness of the brutal death machinery.

The photo from the early days of her marriage conserves the image of a woman whose life can be traced only in a very tentative manner. The starting point for her grandson’s research is a war letter from the camp that is owed to the martial rage of an exterminatory logic, curtly informing her widower of her death. Her journey to the concentration camp, her two years in the barracks, the reason for her deportation remain obscure. Much like the preserved image bears the small glimmer of a short life and may convey it to the descendants as a vague idea, the grandson entrusts his quest for what has remained in the dark to the medium of photography. For him, the picture is a storage of memory, a preservative for unseen things, and an instrument to carve into untouched layers of sediment. For the purposes of a documentary visual language, photographs can be seen as evidence and testimony of real events. Lipuš, however, expands the possibilities of the photographic image to include an additional, interpretive component; his iconic rhetoric is that of diction and contradiction, of image and meta-image, of aspect and insight. This is why he does not create photographs which convey visibility and reality in an image, but adaptations and interventions which transform and unsettle the original image. Marko Lipuš regards his photographic images as prima materia, based on which he appropriates the motifs through manipulation and direct intervention by his own hand.

The Scars of Images

The picture of the artist’s babica, the grandmother to whom the artist lovingly refers with the Slovenian word, displays a soft intimacy and composed serenity. A silent double portrait, sealed like many images in the safe of temporality and sacrosanct in the unshakable endurance of its testimony. The pictures Marko Lipuš brought from his various journeys on the trails of his lost grandmother tell a different story. The photographs themselves already bear witness to the passing of time, to the crumbling buildings, to the disastrous essence of a place which nature is slowly taking back in order to help liquidate an owed debt. Then the images change. The countless documents of the views of this place of terror are compressed into a mere handful of images. They bear witness to the roads walked by the doomed inmates, to the cobblestones they stepped on, to the surfaces of the walls they touched, to the cracks that promised them a glimpse outside. The artist consults these enlarged views; they serve not only to examine and reflect, but also to penetrate and process. The pretty, abstract color compositions of wall structures and tile patterns, of monochrome floors and graphic lineaments are torn open and scratched; particles are dissected from them and strokes cauterized into them. Marko Lipuš can only confront the ostensible innocence of the ruin aesthetics with his own fervid activity: He covers the authentic testimonies of these monstrous places with a net of cuts and lacerations. The images remain, covered with scars and lesions.

His Father’s Skin

Memory and the conservation of what has been remembered are underlying themes in the literary works of Florjan Lipuš. He uses the character of Young Tjaž to trace his own youth and powerlessness in the face of authority, be it in the family, in school, or in the Catholic Church. The young boarding student counters violence with a means of his own: scratching. At first it is an act of defense and protest against corporal punishment, but then it becomes a means of appropriation: The scratches are tags. Carving symbols, which his own actions leave behind, into an object or body is a mode of identity formation. Even if they signalize rebellion and defense—as is the case with young Tjaž—the scratch subjects these objects to its direct adaptation, and with their injury imposes on them the unmistakable mark of its intervention.

Marko Lipuš explores a similar appropriation strategy in the first chapter of his photo series Babica. Large color photo boards show skin patches of his father’s arms, hands and other body parts. Florjan Lipuš, one of Maria Lipuš’s two sons—he was six years old at the time of her deportation to the concentration camp—is the witness and keeper of his mother’s heritage, which he, in turn, has passed on to his son. And Marko continues this link by touching the surface of his father’s skin: He covers the skin close-ups with a crisscross of scratches and scores. He opens the enclosure of the epidermis with sandpaper, and roughens, injures, disturbs it. Pores, tiny hairs, liver spots, light rashes are amalgamated into a visual whole; a human being’s topmost, outermost, most sensitive layer is shown as vulnerable and sore.

Places Beyond Perception

Ever deeper, ever further into the depths of the interior—that is where the photographer’s path leads in search of what is hidden, in search of the ways, relics, and signs of the disappeared. A chapter of his multifaceted photo essay is dedicated to objects that were found in the camp. Tin cups, brushes and combs are isolated from their environment by the photographer and presented like New Objectivity still lifes. Since they, too, exhibit signs of the extinction, they are also intimate bearers of messages from the disappeared, like the cobblestones that still contain the echo of their footsteps. With his drawings Marko Lipuš stretches the sobering presence of these objects into meaningfulness: The objects vibrate and change in their being-as-such; they are banal objects and at once relics charged with references. They have left their location, their places of discovery, in order to speak of past conditions in a different context. And the territory of the camp complex becomes a long shot, in which the topography of death entirely eludes our perception. The means of image alteration and image alienation—like the manipulations and the scratching interventions—are synonyms for the identification marks of Marko Lipuš’s own presence; only by looking at the camp buildings and the surrounding landscape in person was he able to ascertain the vision disorder which occurs when something belonging to the sphere of the unviewable becomes viewable. His blinding white views are images the subjects of which appear submerged. The rare, vague silhouettes rising from the fog of the glaring white hue are barely recognizable, gently making connections, visual guesses, afterimages of a retinal overstimulation that approaches blindness. Vanishing is not just a process of blacking out, of no-longer-seeing, but also a phenomenon of being-left-with-merely-suspecting, of vague assumptions, of image residues which appear as silhouettes while everything around them seems to be immersed in blazing backlight.

With his group of works Babica, Marko Lipuš, in remembrance of his grandmother, has gone on a quest for the things that are hidden within an image. The tale of her fate is presented in a complex visual language that—by means of his oft-applied technique of scratching—has found an equivalence of content and form and, on the other hand, explores the farthest possible distance between the photographic representation of reality and its iconic reference character.


DIE ERINNERUNG AN DAS VERGESSEN
Felicitas Thun-Hohenstein

Ein Foto-grafischer Essay

„Der Rücken der Erinnerung ist die Historie. Erinnerung allein ist noch keine erforschende Rekonstruktion der Vergangenheit, erst in der Gegenüberstellung beider, Erinnerung und Geschichte, entsteht ein Bild, ein Beitrag zum Ganzen.“

Geschichte gehört üblicherweise in das Feld der Historiografie, das Erinnern an die Zeit des Nationalsozialismus verortet man zunächst in Archiven sowie den Gedenkstätten des Holocaust. Was vermag die bildende Kunst in diesem Kontext überhaupt zu leisten? Wie kann sie sich neben den historischen Fotografien behaupten, die die ungeheuerlichen Gräueltaten dokumentieren und die Aura der Orte und Relikte authentisch wiedergeben?

Tatsächlich scheitern viele Versuche, sich durch künstlerische Praxis insbesondere dem Genozid des deutschen Faschismus zu nähern. Zu gewaltig manifestiert sich die historische Realität. Die Krux liegt in der Wahrnehmung, da die Kunstwerke in ihrer Existenz bisweilen nicht auf die Realität verweisen, die die KünstlerInnen darzustellen beabsichtigen, sondern vielmehr als Artefakte ihrer Zugehörigkeit zur Welt der Kunst antizipiert werden. Wie können nun KünstlerInnen trotz dieser Herausforderung, der sich die Kunst in der Thematisierung des Nationalsozialismus stellen muss, neue Perspektiven der Geschichtsrezeption eröffnen? Wenn Erinnerung sich manifestiert und sich wie bei Marko Lipuš in Form von erweiterter Fotografie in Ergebnissen von forschendem Blick und Text niederschlägt, bedarf sie des Schutzes durch einen Ort – dies im Sinne eines „Loslassens des Unverfügbaren durch Bewahren im Verfügbaren.“

Lipuš richtet diesen Schutzraum für sein foto-grafisches Essay Babica zwischen zwei Buchdeckeln ein, in dem sich Erinnerung in Bild und Text entfaltet. Konsequent wird das künstlerische Erinnerungsgewebe der Heterotopie des Buches ausgesetzt und folgt seinen eigenen Regeln, Ordnungsvorstellungen und Darstellungsweisen. Seine ganz persönliche Erinnerung ist nur ein Baustein des Ganzen. Beim Durchblättern des Buches überlagern sich die visuellen Eindrücke und verdichten sich zu einem milieu des mémoires. Nicht im einzelnen Bild, sondern beim Blättern, also zwischen den Seiten, findet das Ausdruck, was Walter Benjamin „den Tigersprung in das Vergangene“ genannt hat, der in der Lage ist, die zeitliche Distanz von Geschichte zu suspendieren. Dabei öffnet sich ein liminaler Raum, der das politische Potential der Ästhetik ebenso verhandelt wie die Frage nach Medialität und Historisierung.

Lipušʼ dreidimensionale Fotobilder, die er in dem Buch Babica zu Fotostrecken gebunden hat, kann man demnach als imagines agentes, als handelnde Bilder, innerhalb einer als instrumentelle Technik konzipierten Gedächtniskunst bezeichnen. Es sind zwei- oder dreischichtig strukturierte Foto-Grafien, in denen Lipuš im Dekonstruieren der fotografischen Vorlage die Überschreitung oktroyierter Grenzverläufe und konventioneller Rahmungen antreibt, um in Bereiche unmittelbarer Wirklichkeitsgestaltung vorzustoßen. Dieses Habhaftwerden und Besetzen des Bildraumes verhält sich homolog zu einer ständigen Präsenz des Körpers, ja zu einem symbolischen Eindringen in den eigenen Körper, jenem eingangs thematisierten Prozess, der der Kunst einen Conduit zur „Wirklichkeit“ aufschließen soll; einer Wirklichkeit im Übrigen, die Antonin Artaud als „Exkrement des Geistes“ verdinglicht. In diesem doppelkodierten Ablauf definiert das Kunstwerk einen Raum und Rezeptionsansatz, in dem die Informationen fließen und nicht festgelegt sind. Es markiert eine Situation, die der brasilianische Künstler Hélio Oiticica als „critical ambivalence“ bezeichnet hat.

Gerade in der Dichte und der Exponiertheit des Werkkomplexes von Babica, in dem das Durchbohren der Oberfläche, der Wand, der Membran als Widerstandsmetapher steht, muss für Lipuš die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremden, innerer Erfahrung und äußerem Impuls wohl schier unmöglich geworden sein, die Folge könnte die Entscheidung für den vorliegenden Schutzraum gewesen sein. Geleitet von Intensitäten sucht Lipušʼ Blick im gebundenen Hybrid die geografischen und imaginären Spuren seiner Babica an fast allen Stellen zu berühren, die in den Geschichten, die man ihm erzählt hat, eingeschrieben sind, so scheint es – jedoch immer taktvoll, ein Berühren ohne Berührung, das auf ein aufmerksames Sichtbarmachen lenkt.

Lipušʼ kartografischer Blick bewegt sich dabei jenseits eines schlichten An- oder Übernehmens des vermeintlich Vorgegebenen und setzt sich auch nicht einfach angrenzend an subjektive und zugetragene Erinnerung fort. Seine Augen wandern entlang an den Oberflächen, den Mauern, den Böden, der geografischen und organischen Haut, auf der Suche nach dem Ort, wo das Sehen die Berührung trifft. Die Suche einer Seele, „die sich nicht entscheiden kann, ob sie sich nach innen oder außen orientieren soll, und die an ihren Grenzen ins Vibrieren gerät.“

Wenn schon nicht erinnern können, dann zumindest eindringen, intervenieren, einbrennen in den Gedächtnisträger als Mittel der haptischen Selbstversicherung. In einem intimen autopoetischen Pakt mit der allzu glatten Oberfläche des Prints graviert Lipuš sich in das Lichtbild ein, reißt es auf, trägt es ab und fügt der Fotografie hinzu, indem er wegnimmt, um alsbald wieder aufzufüllen und zu markieren.

Ohne den Verdacht einer tieferen Wahrheit der Berührung ist die Privilegierung des Sehens eben nicht denkbar. Babica ist daher der künstlerische Handlungsraum, der praktiziert, wovon er spricht: Er berührt. Und er berührt in einer ausgedehnten Weise über Babica hinaus die Geschichte. Babica verkörpert so zugleich die Trias von Erinnerung, Gedächtnis und Vergessen, das damit verbundene Gelingen und Scheitern. Vor allem aber die Erinnerung an das Vergessen.

REMEMBERING OBLIVION
Felicitas Thun-Hohenstein

A photo-graphic essay

Memory’s back is history. Remembering alone is not yet the investigative reconstruction of the past; it is only through the juxtaposition of both memory and history that an image emerges, a contribution to the whole.

History usually belongs to the field of historiography. One might initially place memories of the Nazi regime in the context of archives and holocaust memorials. What, if anything, can the fine arts hope to achieve in this context? How can they assert themselves next to historical photographs which document the monstrous atrocities and depict the aura of the sites and relics in an authentic way?

In fact, many artistic attempts to approach particularly the genocide caused by German fascism have failed. The manifestation of historical reality has been too powerful. The challenge nests in the perception, as works of art have been known not to refer to the reality the artists intend to portray, but are rather anticipated as artifacts of their affiliation with the world of art. How can artists now introduce new perspectives on the way in which history is read despite this difficulty which art faces in addressing the Nazi era? When memory manifests itself and unfolds in the form of expanded photography and text as the result of an inquisitive eye, as in the case of Marko Lipuš, it requires protection through a space—and this in the sense of “letting go of what is unavailable by preserving it in what is available.”

Lipuš furnishes this protective space for his photo-graphic essay Babica between the covers of a book, in which memory unfolds in images and texts. The artistic texture of memory is consistently submitted to the heterotopy of the book and follows its own rules, organizing concepts, and ways of representation. Lipuš’s own personal memory is only a small building block in the whole structure. Thumbing through the book, one finds visual impressions overlapping each other and intensifying to become a milieu des mémoires. Not in any single image, but in the act of thumbing through—that is to say, between the pages—does that which Walter Benjamin calls the “tiger’s leap into the past,” capable of suspending the temporal distance of history, find expression. This jump opens up a liminal space which negotiates the political potential of aesthetics as well as the question of mediality and historiography.

Lipušʼs three-dimensional photo images bound together in the book Babica to become a series can therefore be termed imagines agentes, acting images, within a memory art conceptualized as an instrumental technique. In photo-graphs structured in two or three layers Lipuš spurs the transgression of imposed borders and conventional frames in the deconstruction of the photographic source material in order to foray into realms of direct reality construction. The act of getting hold of the image space and occupying it is homologous to a constant presence of the body, indeed a symbolic penetration of his own body; this process addressed at the outset is to give art a conduit to “reality”—a reality, incidentally, which Antonin Artaud reifies as an “excrement of the mind.” In this double-coded process, the work of art defines a space and receptional approach in which information flows and is not determined. It marks a situation which the Brazilian artist Hélio Oiticica has termed “critical ambivalence.”

It is precisely in the density and exposure of the work complex Babica in which the perforation of the surface, the wall, the membrane is a metaphor of resistance where it must have become almost impossible for Lipuš to distinguish between his own and others’ inner experience and outer impulse. This may have brought about his decision for the protective space at hand. Guided by intensities, Lipuš’s eye, it seems, attempts in this hardbound hybrid to come into contact with the geographic and imaginary traces of his babica in virtually all the places inscribed in the stories he has been told—but always tactful, touching without touching, which navigates towards a vigilant visualization.

In doing so, Lipušʼs cartographic eye moves beyond the simple acceptance and adoption of ostensibly predetermined notions, and refuses to simply continue adjacent to subjective and passed-down memories. His eye wanders along the surfaces, the walls, the floors, the geographic and organic skin in search of a place where seeing and touching coincide. The search of a soul “striving alternately towards the internal and external, and vibrating at the limits of each.”

If one cannot remember, then one can at least penetrate, intervene, burn something into the memory storage as a means of haptic self-insurance. In an intimate auto-poetic pact with the all-too smooth surface of prints, Lipuš engraves himself into the picture, tears it open, erodes it, and adds to the photograph by subtracting from it in order to at once replenish and mark it.

Without the suspicion of a deeper truth of touching, the privilege of seeing is unthinkable, after all. Therefore, Babica is the artistic space of action which practices to what it refers: It touches the viewer. And in an expanded way, it touches history beyond what Babica is. Babica embodies the triad of memory, remembrance, and oblivion—and the success and failure involved in it. But most of all the memory of oblivion.


MAN KANN NICHT ALLES SCHREIBEN, WAS MAN IM KZ DURCHGEMACHT HAT.“
Sabine Arend

Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück

Ravensbrück wurde als zentrales Frauen-Konzentrationslager des NS Regime im Mai 1939 im brandenburgischen Ravensbrück, 100 Kilometer nördlich der Reichshauptstadt eröffnet. Das Lager war Teil der sich ausweitenden nationalsozialistischen Herrschafts- und Verfolgungspolitik. Die Idee der Gründung eines zentralen Frauenlagers wurde in den Jahren 1937/38 entwickelt und steht im Zusammenhang mit der unter Leitung von Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich erarbeiteten Konzeption einer „rassischen Generalprävention“. Immer mehr Menschen gerieten in das Feindbild des Regimes. Zur Manifestierung der „Volksgemeinschaft“ wurden unter Zuhilfenahme rassenbiologischer Kriterien sowohl als Juden kategorisierte Personen als auch Sinti und Roma verfolgt und umgebracht als auch Personen slawischer Abstammung. Beziehungen zwischen „Deutschen“ und sog. Fremdvölkischen, dazu zählten die etwa 7 Millionen Ausländer, darunter 1,9 Millionen Kriegsgefangene, die im Deutschen Reich interniert waren, wurden als „volkstumspolitische Gefahr“ eingestuft und sexuelle Beziehungen verboten. Allein 3.500 Frauen kamen mit dem Haftgrund „Verkehr mit Fremdvölkischen“ in das KZ Ravensbrück. Zu den weiteren Gegnergruppen gehörten die politische Opposition, die Zeuginnen Jehovas als auch Frauen, die als „Asoziale“ oder „Kriminelle“ verfolgt wurden. Schon vor Beginn des Krieges und der geplanten Neuordnung Europas wurde der Platzbedarf von 1.500 auf 3.000 Gefangene erhöht, da das Regime auch mit einer steigenden Anzahl von Widerstandskämpferinnen im Ausland rechnete.

120.000 Gefangene aus 30 verschiedenen Ländern, darunter über 800 Kinder, waren von Mai 1939 bis April 1945 im KZ Ravensbrück inhaftiert. Ab Frühjahr 1941 bestand hier zudem ein Männerlager, in dem bis April 1945 20.000 Männer inhaftiert waren. Hinzu kam im Sommer 1942 das sog. Jugendschutzlager Uckermark sowie das Siemenslager, so dass man von einem Lagerkomplex sprechen kann, der mit der SS-Siedlung 170 Hektar umfasste. Ab 1942 kamen 40 Außenlager hinzu, in denen etwa 54.000 Frauen und 17.000 Männer Zwangsarbeit leisteten. Etwa 28.000 Häftlinge starben in den Jahren 1939 bis 1945 infolge Hunger oder Erkrankungen oder wurden ermordet. Neben Erschießungen und Tötungen durch Medikamente wurden ab Anfang 1945 zusätzlich in einer provisorischen Gaskammer und im als Sterbe- und Tötungslager umfunktionierten Uckermarklager in den letzten vier Monaten des Bestehens des Lagers etwa fünf- bis sechstausend Häftlinge umgebracht.

Im Herbst 1941, nach dem deutschen Balkanfeldzug, wurden die ersten Gefangenen aus Jugoslawien deportiert. Die meisten dieser etwa 2.700 Personen stammten aus Slowenien. Da sich dort, wie auch im Kärntner Grenzgebiet, Partisanenverbände gegen die deutsche Besatzung wehrten, wurden die Deportierten fast alle als politische Gefangene eingestuft. Viele darunter waren Bäuerinnen oder Landarbeiterinnen, die oder deren Angehörige die Partisanen unterstützt hatten. Die systematische Vertreibung und Deportation der Kärntner Slowenen begann am 14. April 1942. Die 41 im Jahr 1943 im Jugendlager inhaftierten jungen Frauen, die aus Slowenien stammten oder der slowenischsprachigen Bevölkerung in Kärnten angehörten, wurden in einem so genannten Sonderblock untergebracht und der Versuch unternommen, sie politisch umzuerziehen.

Bei der Ankunft im Lager wurden den Gefangenen alle persönlichen Gegenstände abgenommen, mit Ausnahme eines Kamms, einer Haarbürste und einer Geldbörse, nach manchen Berichten auch mit Ausnahme einer Zahnbürste. Viele berichten von der demütigenden Aufnahmeprozedur, die medizinische Untersuchungen sowie Lauskontrollen einschloss und vielfach zum Scheren aller Körperhaare führte. Bis Herbst 1942 wurde grau-blau gestreifte Häftlingskleidung, die vor Ort in Ravensbrück von den Gefangenen hergestellt werden musste, ausgegeben. Später wurde als Häftlingskleidung gekennzeichnete Zivilkleidung verteilt. Die Kleidung war völlig unzureichend. Schuhe wurden ab 1942 nur für den Winter ausgegeben, ansonsten erhielten nur die, die außerhalb des Lagers in Arbeitskommandos eingesetzt waren, Schuhwerk. Die Verpflegung verschlechterte sich im Laufe der Jahre mit der zunehmenden Überfüllung des Lagers. Wurden anfangs noch dreihundert Gramm Kriegsbrot täglich und mittags drei viertel Liter „warme Verpflegung“ sowie abends drei viertel Liter Getreidesuppe ausgegeben, bestand das „Essen“ 1944 nur noch aus einem halben Liter Suppe mittags sowie einem viertel Liter Sud aus gebrannten Eicheln (Kaffeeersatz) morgens und abends sowie einem Brot mit Sägespänen für sieben bis zehn Personen war es, ein Gefäß für den Empfang der Nahrung zu besitzen. Die Frauen trugen die Becher an einer Schnur um den Körper, damit ihnen ihre Tasse nicht gestohlen wurde.

In  den ersten Jahren wurden 100 Gefangene pro Baracke (430 qm) untergebracht; diese Zahl stieg im Herbst 1944 auf 500 bis 800, ohne dass die Waschgelegenheiten erweitert worden wären. Die Wäsche wurde nicht mehr regelmäßig gewechselt, Krankheiten wie Typhus und Tuberkulose nahmen zu. Wurden 1943 insgesamt 9.974 Neuzugänge registriert, verdoppelte sich diese Zahl in der ersten Hälfte des Jahres 1944 und stieg in der zweiten Hälfte 1944 auf weitere 52.319 Gefangene.

Ab dem 24. April 1945 trieb die SS erst die männlichen, dann ab 27. April die weiblichen Gefangenen aus dem Lager. Die Akten aus dem ehemaligen Lager sind seitens der SS zuvor fast vollständig vernichtet worden, um die dort geschehenen Verbrechen zu verbergen. Am 30. April wurden die marschunfähigen im Lager verbliebenen Frauen und Männer von einem Vorauskommando der Roten Armee befreit. Am 02. Mai folgte eine Kommission sowjetischer Ärzte, die die Wasser- und Stromversorgung wiederherstellte und in Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Pflegerinnen, die als Häftlinge im Lager verblieben waren, und medizinischem Militärpersonal mit der Notversorgung der im Lager Zurückgelassenen begann. Viele Befreite überlebten dennoch nur noch eine kurze Zeit.

Seit 1959 gibt es in Ravensbrück, das heute zu Fürstenberg/Havel gehört, eine Gedenkstätte, die zugleich Friedhof und Gedenkort ist. Seit 1993 gehört die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zur neugegründeten Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und wird gemeinsam durch das Land Brandenburg und die Bundesrepublik Deutschland getragen. Sie versteht sich heute auch als historisches Lernzentrum.

In ihren kurz nach Kriegsende aufgeschriebenen Erinnerungen formulierte Rosa Helena Vetter: „Man kann nicht alles schreiben, was man im KZ durchgemacht hat“. Neben der Sprache helfen die überlassenen Objekte aus dem Besitz der ehemaligen Häftlinge und historische Fotografien und Dokumente, Einblicke in das damals Geschehene zu vermitteln. Viele von ihnen werden in der 2013 eröffneten Ausstellung „Das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Geschichte und Erinnerung“ gezeigt. Künstlerische Annäherungen wie die von Marko Lipuš eröffnen auf ihre eigene Weise Zugänge zu den Existenzbedingungen der Gefangenen im KZ Ravensbrück, zu denen auch seine Großmutter Maria Lipuš (geb. Karničar) gehörte.

“YOU CANNOT WRITE EVERYTHING YOU WENT THROUGH IN THE CONCENTRATION CAMP.
Sabine Arend

The Ravensbrück Womenʼs Concentration Camp

Ravensbrück opened in May 1939 in Ravensbrück, in the German state of Brandenburg, about 60 miles north of the Reich capital, as a central womenʼs concentration camp of the Nazi regime. The camp was part of the expanding Nazi policy agenda of power and persecution. The idea of establishing a central womenʼs camp took shape in 1937/38 and was linked to the idea of a “general racial prevention” program developed under the direction of Heinrich Himmler and Reinhard Heydrich. More and more people were deemed enemies of the regime. In order to manifest a “Volksgemeinschaft,” or “peopleʼs community,” racial-biological criteria were used to persecute and murder people categorized as Jews, Sinti, and Roma as well as people of Slavic descent. Relationships between “Germans” and so-called “Fremdvölkischen,” or “foreign races,” which included approximately seven million foreigners, among them one point nine million prisoners of war detained in the German Reich, were classified as “dangers to folk-racial policy,” and sexual relations were banned. At the Ravensbrück concentration camp alone, “intercourse with foreign races” was listed as the grounds for internment of 3,500 women. Other groups of antagonists were the political opposition, the Jehova’s Witnesses, and women who were persecuted as “asocial” and “criminal.” Even before the war had begun and plans for the New Order of Europe had matured, the camp’s capacity was increased from 1,500 to 3,000 inmates, as the regime also expected numbers of resistance fighters abroad to rise.

120,000 prisoners from 30 different countries, among them 800 children, were detained at the Ravensbrück concentration camp from May 1939 to April 1945. A men’s concentration camp also operated there from spring 1941 to April 1945, detaining a total of 20,000 men. In the summer of 1942, the so-called Uckermark “youth protection camp” and the Siemens camp were added to the area, rendering it a veritable concentration camp complex, which measured 420 acres, including the local SS residences. From 1942 onwards, forty external camps, in which about 54,000 women and 17,000 men performed forced labor, were added to the complex. Between 1939 and 1945, about 28,000 inmates died of starvation or disease or were murdered there. Along with executions by shooting or medication, 5,000 to 6,000 inmates were killed from early 1945 onwards, in the last four months of the camp’s operation, in a makeshift gas chamber and in the Uckermark camp, which had been converted to a death and extermination camp.

In the fall of 1941, after the German Balkan Campaign, the first prisoners were deported from Yugoslavia. Most of those 2,700 people were from Slovenia. Since there were partisan groups who defended themselves against the German occupiers in Slovenia and in the Carinthian border region, almost all of the deportees were classified as political prisoners. Many of them were farmers or farm hands who or whose family had supported the partisans. The systematic persecution and deportation of Carinthian Slovenes began on April 14, 1942. The 41 young women imprisoned in the juvenile camp in 1943, who were from Slovenia or were members of the Slovenian-speaking public in Carinthia, were housed in a special block, and the attempt was made to subject them to political re-education.

Upon arrival at the camp, all personal belongings were taken from the prisoners, with the exception of a comb, a hairbrush, a wallet, and, according to some reports, a toothbrush. Many survivors spoke of the humiliating initial selection process, which comprised a medical examination and lice checks and often resulted in the shaving of all body hair. Until the fall of 1942, gray-blue striped prison uniforms were handed out, which were manufactured by the Ravensbrück camp inmates themselves. Later, civilian clothing marked as prisoners’ uniforms was distributed. The clothing was entirely insufficient. From 1942 onwards, shoes were only given out in the winter; other than that, footwear was only handed out to prisoners who were deployed in labor details outside the camp. With the camps becoming increasingly overcrowded, the quality of the food deteriorated as well. While in the beginning, daily rations of three hundred grams of war bread, 25 ounces of a “warm meal” at noon and 25 ounces of grain soup at night were distributed to the inmates, the “meals” in 1944 consisted of merely 17 ounces of soup at noon, 8.5 ounces of stock from roasted acorns (coffee substitute) in the morning and at night, and a loaf of sawdust bread for seven to ten people. Owning a receptacle in which to place the food was essential for survival. The women carried their cup on a rope tied around their bodies so that nobody could steal it from them.

In the first few years, each 4,630-square-foot barrack housed 100 prisoners; the numbers increased to 500 to 800 by the fall of 1944 without any expansion of the washing facilities. Clothes and linen were no longer changed on a regular basis, and diseases such as typhoid and tuberculosis increased. While 9,974 new arrivals were registered in 1943, the numbers doubled in the first half of 1944, and climbed to 52,319 additional prisoners in the second half.

On April 24, 1945 the SS started to drive the male prisoners from the camp; the female prisoners followed from April 27 on. The SS destroyed almost all records in the camp in order to cover up the crimes that were committed there. On April 30, the women and men who were deemed unfit to march and left in the camp were liberated by Soviet troops. On May 2, a committee of Soviet physicians arrived and restored water and power supplies and started providing emergency care to the remaining camp inmates in cooperation with medical military personnel and the formerly imprisoned doctors and nurses who had stayed behind at the camp. Many of the liberated inmates, however, only survived for a short time.

In 1959, a national memorial serving as both a cemetery and memorial site was opened at the Ravensbrück camp site, which today is part of Fürstenberg an der Havel. Since 1993, the Ravensbrück memorial site has been part of the newly established Brandenburg Memorials Foundation and is funded by the State of Brandenburg and the German government. Today, it still serves as a center of historical education.

In her memoirs, recorded shortly after the war, Rosa Helena Vetter wrote: “You cannot write everything you went through in the concentration camp.” Along with language, the objects from the former inmates’ possession left to the institution as well as historical photographs and documents provide some insight into these past events. Many of them are on display in the permanent exhibition “The Ravensbrück Women’s Concentration Camp: History and Memory,” which opened in 2013. In their own way, artistic approaches like that of Marko Lipuš open up new avenues to the existential conditions of the prisoners at the Ravensbrück concentration camp, who counted the artist’s grandmother, Maria Lipuš (née Karničar), among them.


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